Motivation und Vertrauen
„Das Wichtigste ist für mich die Motivation der Leute“, antwortet Kurt Nüchter auf die Frage nach seinen Prioritäten bei der Personalauswahl. „Wenn die stimmt, kann man den Rest lernen.“ Der Metallbaumeister und Inhaber der Firma Nüchter Wintergärten in Hettenhausen spricht aus Erfahrung. Denn der 58-Jährige gibt immer wieder Menschen mit Vermittlungshemmnissen eine Chance zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt. 

Der Arbeitgeberservice des Kreisjobcenters ist für Nüchter ein wichtiger und verlässlicher Ansprechpartner bei der Personalsuche. Mit Arbeitsvermittler Harald Römmelt verbindet ihn seit Jahren eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Ich kenne den Betrieb, den Personalbedarf, die Anforderungen an das Personal und den Inhaber“, erzählt Römmelt. Nüchter erlebe er als offenen Menschen, der keine Berührungsängste habe. So seien in den vergangenen Jahren einige nachhaltige Integrationen gelungen, obwohl die betreffenden Personen keine abgeschlossene Ausbildung im Metallbau, keinen Führerschein oder keine perfekten Deutschkenntnisse vorweisen konnten.

„Ich habe Menschen erlebt, bei denen es Klick gemacht hat, deren Lebensumstände sich verändert haben und die trotz unterschiedlicher Schwierigkeiten im Berufsleben Fuß fassen wollten. Deshalb unterstützen wir sie, indem wir ihnen die nötigen Fach- und Sprachkenntnisse vermitteln oder beim Führerscheinerwerb helfen“, betont Nüchter, der sein Unternehmen vor 28 Jahren gegründet hat.

„Für uns sind die kleinen und mittelständischen Betriebe, bei denen die Inhaber selbst die Personalentscheidungen treffen, ganz wichtig“, so Markus Vogt, der das Sachgebiet Eingliederung beim Kreisjobcenter leitet. „Das Vertrauen zwischen Betrieben und Arbeitgeberservice ist über Jahre gewachsen. Unsere Kunden, zu denen auch viele Menschen mit Migrationshintergrund gehören, bekommen so eine Chance, sich in den Unternehmen auszuprobieren.“ Betriebe, die Menschen mit Vermittlungshemmnissen einstellten, könnten bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einen Eingliederungszuschuss erhalten.

Yahia Jabra, der aus Syrien stammt und in Gersfeld lebt, ist seit Oktober bei der Firma Nüchter beschäftigt. Jabra hat in seiner Heimat Schreiner gelernt und macht sich gerade mit dem Werkstoff Aluminium vertraut. Die ersten Wochen mit dem „Neuzugang“ haben Kurt Nüchter und Erwin Dorn, der als Meister im Betrieb arbeitet, sehr positiv erlebt. „Obwohl es sprachlich noch etwas schwierig ist, passt es menschlich gut. Die Arbeitseinstellung stimmt, er hat sich gut eingearbeitet und fängt jetzt an, einzelne Arbeiten selbstständig zu erledigen“, berichtet Erwin Dorn, der den jungen Syrer unter seine Fittiche genommen hatr. Vor seinem offiziellen Arbeitsbeginn hatte Jabra einige Tage in Hettenhausen zur Probe gearbeitet, um herauszufinden, ob die Fertigung von Wintergärten eine Option für ihn sein könnte. Die Integration des Syrers in den Betrieb scheint derzeit jedenfalls auf einem guten Weg zu sein.

Kurt Nüchter sieht sich in seinem Ansatz, Gewerke übergreifend und international zu denken, bestätigt. „In den letzten Jahren ist es im Handwerk immer schwieriger geworden, gutes Personal zu finden“, sagt der 58-Jährige. „Doch wir haben immer versucht, flexibel zu sein, kontinuierlich Nachwuchs auszubilden und aus den Leuten, die keine abgeschlossene Ausbildung hatten, qualifizierte Helfer zu machen.“ Aktuell gehören dem Betrieb, der verschiedene Wintergärtentypen fertigt und sich auf viktorianische Wintergärten spezialisiert hat, 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Schon im Januar könnten es 26 sein. Dann wird eine vom Kreisjobcenter vermittelte CAD-Fachkraft zur Probe arbeiten und möglicherweise neu ins Berufsleben starten.

(Foto: D. Heydenreich)